Sonntag, 10. Januar 2010

Geister

Es naht der Geburtstag der Mutter - ein Tag der für mich immer schwierig ist.

Der Umgang mit dem Thema "Mutter" ist heikel - da ist der "Vater" deutlich einfacher - selbst wenn ich da ganz aktuell dran bin.

Die Mutter hat in mir deutlich mehr zerstört. Das mag für viele unverständlich sein, denn was soll schon schlimmer sein als Missbrauch durch den Vater.

Vielleicht ist es auch eine Schutzreaktion. Mein Vater hat sehr sehr schlimmes gemacht und sehr viel zerstört, aber er hatte auch eine liebevolle Seite, ich hab mit ihm auch sehr wertvolles erlebt.

Er hat - wenigstens ab und zu - auch mich gesehen und Dinge nur für mich gemacht. Und er hat den Missbrauch nie bestritten, hat nie gesagt, dass ja nichts war. Er hat ihn zugegeben (auch wenn er da immer nur von "es" sprach - es wurde auch nie genauer nachgefragt - z.Bsp auch vom Jugendamt nicht).

Meine Mutter war und ist dazu nicht in der Lage - sie konnte und kann weder jemand anderen als sich sehen noch kann sie es zugeben.

Für sie war ich immer nur ein Werkzeug, mit dem sie die Aufmerksamkeit bekam, die sie brauchte, an dem sie sich ausleben konnte. Sie hat mich manipuliert, verletzt, krank gemacht. Sie hat mich niedergemacht, gedemütigt und verachtet. Sie hat mich gelehrt, dass ich nicht mal den Dreck unter den Fingernägeln wert bin. Sie hat mich terrorisiert und bis ins kleinste kontrolliert. Sie hat mich auch missbraucht - wobei da (noch) nicht klar ist - ob von ihrer Seite ein sexueller Hintergrund da war und sie hat den Missbrauch durch den Vater nicht nur ignoriert, sondern auch gefördert - ihn als "Belohnung" oder "Bestrafung" auch gezielt eingesetzt.

Doch das passt nicht in ihre "Rolle" der fürsorglichen Mutter, die nach außen hin das oberste Gebot ist.

Sie lebt in ihrer eigenen Realität - so geschickt, dass niemand Verdacht schöpft. Klar gab es Verdachtsmomente - doch die konnte sie immer gut zerstreuen.

Manchmal glaube ich, dass sie wirklich glaubt was sie sich da so zurecht bastelt - denn nur so kann ich mir erklären, dass sie es all die Jahre für sich aufrecht erhalten kann.

Sie ist krank. Sehr sogar.

Doch für mich war es die Hölle - und leider ist es das immer noch.

Als ihre Tochter hab ich zu viel von ihr in mir. Das ist einer der Hauptgründe, warum ich niemals Kinder haben möchte - ich will nichts von ihr weitergeben.

An solchen "besonderen" Tagen - wie z.Bsp die Tage um ihren Geburtstag - merke ich immer deutlicher, dass ein äußerlicher Kontaktabbruch leider nur die Hälfte ist - denn die Mutter in mir zu vertreiben oder in ihre Schranken zu weisen - ist deutlich schwieriger.

Sie sind dieses Wochenende da - die Gedanken, die Ängste und ihre Stimme, wie sie mich niedermacht. Deutlicher als sonst, aber auch klarer definiert als sonst.

Es gelingt mir, sie in ihre Schranken zu weisen, sie als das zu identifizieren was sie sind: Täterintrojekte und Widersacher

Heute macht es mich eher traurig, dass sie immer noch so viel Macht hat, aber auch, dass ich nie erfahren werde, was es heißt eine Mutter zu haben, der man auch etwas bedeutet.

Ich glaube dass sich das nie mehr nachholen lässt - wenn das als Kind nicht erfahren wurde was Liebe bedeutet oder auch Vertrauen und Geborgenheit. Grundvertrauen kann man nicht nachholen - so wie ein Kind das bis zu einem best. Alter keine sprachlichen Anreize erhält (die so genannten "Wolfskinder" z.Bsp), nie richtig sprechen lernen wird (glaub das Alter von 8 oder 9).

Es gibt Dinge, die später nicht nachgeholt werden können. Ich kann daran arbeiten heute anders damit umzugehen und ich kann alles mir mögliche dafür tun, dass sich der ganze Mist nicht wiederholt. Denn ich bin sicher, dass die Kindheit meiner Mutter alles andere als schön war.

Sie kompensierte das durch Kinder - und wir Kinder müssen mit den Folgen leben.

Es ist mein Job heute dafür zu sorgen, dass ich das beste aus der Situation mache, das beste aus meinem Leben mache - deshalb mache ich Therapie, deshalb arbeite ich so hart an mir.

"Normal" werde ich nie sein. Doch irgendwann werde ich ein erfülltes Leben leben.

Das lass ich mir weder vom Vater noch von der Mutter verderben - ihr habt heute in meinem Leben nichts mehr zu sagen! Irgendwann werden das auch die inneren Anteile der Eltern verstehen müssen!

2 Kommentare:

Tina hat gesagt…

Liebe Ilana, ich finde, Du bist sehr mutig! Ich habe großen Respekt vor dem, was Du über Dich schreibst. Ich habe selbst einen Schwager, der wegen diesem "Problem" Frührentner ist und versuche immer, mehr Infos zu erhalten, um das Innenleben von Menschen mit dieser Erkrankung besser verstehen zu können. Ich glaube, das fällt einem Gesundem ohne psychische Probleme relativ schwer und doch sollte man versuchen, sich "hineinzuversetzen". Und dazu leistest Du einen Beitag, dankeschön!
Alles Gute für Dich, Tina

Ilana hat gesagt…

Hallo Tina,
"hineinversetzen" ist sehr schwer, selbst für Menschen die ähnliches erlebt haben. Es gibt nur wenig Informationen darüber für Angehörige oder Freunde - das meiste ist für Betroffene oder für Therapeuten.

Doch grade auch Angehörige müssen ja auch damit umgehen, dass wir so "schräg ticken".

Direkt fragen geht oft nicht (weil sich die Leute nicht trauen, aber auch, weil es durchaus nicht immer angebracht ist) - deshalb schreib ich hier.

Und es freut mich, wenn es dir helfen kann, die Problematik deines Schwagers ein bisschen besser zu verstehen. :-)