Dienstag, 9. Februar 2010

Mario

Ein kleiner Junge, 5 Jahre alt war er als er starb. 2 Jahre alt war er als ich ihn kennenlernen durfte - ich war damals 13 - und wir waren Seelenverwandte.

3 Wochen lang war er bei uns, da er aus seiner Familie wegen Verdacht auf Misshandlung rausgenommen und zu uns in Kurzzeitpflege kam. Der Vater hatte die Mutter beschuldigt.

Ein stiller, ruhiger Junge, der ganz langsam aufblühte und wenn ich in der Schule war, die ganze Zeit auf mich wartete und nach mir fragte. Abgesehen von der Schulzeit hab ich fast die ganze Zeit mit ihm verbracht - da war etwas zwischen uns - das ich niemals wieder erlebt habe - wir sahen uns in die Augen - und verstanden uns - obwohl er so klein war, so viele Jahre zwischen uns. Als würden unsere Blicke sich das erzählen, was sonst niemand sehen durfte, hören durfte, sehen wollte.

2 verletzte Seelen, die sich finden.

Nach drei Wochen kam er zur Mutter zurück - mit der Auflage, sich regelmäßig mit Kind vorzustellen und monatlichen Besuchen vom Jugendamt - und ich hörte nichts mehr von ihm - ein Kontakt wurde von meiner Mutter aus verboten.

3 Jahre später bekomme ich einen Anruf von meiner Chefin - ich arbeitete damals schon stundenweise für den Verein, der eben auch Mario betreut hatte.

Mario läge auf der Intensivstation - seine Mutter hätte ihn zusammengeschlagen und als er sich nicht mehr rührte vor der Tür abgelegt. Nachbarn fanden ihn und riefen den Notarzt. Sie waren umgezogen - ein anderes Jugendamt war zuständig und da gab es keine regelmäßigen Kontrollen mehr.

3 Wochen kämpfte er um sein Leben, die meiste Zeit nicht ansprechbar, da die Ärzte versuchten, ihn möglichst schlafend zu halten - damit er keine Schmerzen hätte - wurde mir erklärt. Offenbar war das sehr schwierig - und so war er manchmal doch wach. Er sprach nicht - doch seinen Blick werde ich nie vergessen.

Stundenlang saß ich an seinem Bett - einmal sagte er nur einen Satz:

"Warum hat mich niemand lieb?"

Doch er erwartete keine Antwort - er wandte den Kopf ab - und es sollte der einzige und letzte Satz sein, den er in der ganzen Zeit sagen sollte.

Nach drei Wochen auf der Intensivstation starb er - am 9. Februar, wenige Tage, nachdem er seine letzten Worte sprach.

Ich vermisse dich! Und ich wünsche dir von Herzen dass es dir jetzt gut geht und du die Liebe erfahren darfst, die du verdienst!

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